Was hat diese blaue Blume mit einer Tasse Kaffee und Chicorée zu tun?
Bei der floralen Schönheit hier handelt es sich um die „Gemeine Wegwarte“ aka „Gewöhnliche Wegwarte“, kurze Variante einfach „Wegwarte“ oder auch „Zichorie“ (cichorium intybus) genannt. Für die Botaniker hier unter uns: Sie ist eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (für die anderen die es nicht so mit Botanik haben, das ist Prahlwissen und solltet ihr euch trotzdem unbedingt für eventuell anstehende Konversations-/Smalltalk und Dating Tiefpunkte merken – Dankt mir später). Wo waren wir? Ach ja.
Die Zichorie gehört in Mitteleuropa zu den häufigsten Wild- und Heilkräutern und hat über die Jahre schon so einige Spitznamen bekommen: Blaue Distel, Hasenmilch, Rattenwurz, Kaffeekraut. Bemerkenswert ist, wie vielseitig sie einsetzbar ist. Die Blüten sind essbar, ihre Blätter können im Salat verwendet werden und aus den Wurzeln lässt sich eine Art Kaffee herstellen. What? Kaffee? Ja, denn Anfang des 17. Jahrhunderts gab es noch keine Smartphones, geschweige denn Videofunktionen und die Menschen haben sich in Real life (OMG) sehr viel zum Kaffeetrinken verabredet. Da „normaler“ Kaffee rar war und auch
viel zu teuer (weil eben rar) entdeckte ein schlauer Mensch, dass man die zichorischen Pfahlwurzeln rösten, dann mit heißem Wasser aufgießen kann und die enthaltenen Bitterstoffe einen ähnlichen Geschmack wie das schwarze Bohnengetränk haben. Jedoch ohne Koffein und der „bösen“ Säure. Jackpot. Der Zichorienkaffee war geboren. Die Erfindung setze sich durch und das Getränk bekam im Laufe des Deutsch-Französischen Krieges den Namen „Mocca faux“ (falscher Kaffee) woraus sich dann der eingedeutsche Begriff „Muckefuck“ oder „Muggefugg“ ergab. Und weil es mit dem falschen Mocca so gut lief, gab es Ende des 18. Jahrhunderts sogar die ersten Zichorienfabriken in Deutschland.
Was jetzt hier noch fehlt, ist der sehnlichst erwartete Bogen zum Chicorée. Weil bestimmt kam nun schon die Frage auf, was der ganze Kladderadatsch eigentlich mit dem bitteren Gemüse zu tun hat? Nun ja, der Name weist ja schon auf eine gewisse Verwandtschaft hin: Cichorium intybus var. Foliosum (Prahlwissen, ihr wisst schon). Das heißt im Umkehrschluss, der oben genannte Nicht-Bohnen-Trunk ist quasi Chicorée? Die Antwort hierzu lautet klar: Jain. Chicorée ist eine Kulturform der Gemeinen Wegwarte oder anders formuliert, die Zichorie ist die Mama vom kleinen blassen Belgier und auch von vielen anderen Bitter-Gewächsen wie z.b. Radicchio, Zuckerhut, Schnittzichorie, Puntarelle, Italiko (roter Löwenzahn).
Zack, wieder was gelernt.
Zum bitteren Ende gibt es nochmal ein bisschen Prahlwissen: Im Jahr 2020 war die Gemeine Wegwarte auch „Heilpflanze des Jahres“. Ihr seht Leute, es wird höchste Zeit - #chicoréekannwas
Bildquellen: Internet, Wikipedia
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